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1 - Das Dipolfeld der Erde
Aus der Schule, und aus den Medien, kennen
wir das Magnetfeld der Erde stets als ein Feld, das dem
Feld eines Stabmagneten entspricht. Es ist das sogenannte
Dipolfeld. Der physikalische Ansatz für ein solches Magnetfeld besteht in der Betrachtung des Magnetfeldes einer Leiterschleife. Die mathematische Ableitung führt zu einer Differentialgleichung, in der ein sogenanntes elliptisches Integral auftaucht, für das keine geschlossene mathematische Lösung - in Form einer Gleichung - existiert. |
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Abbildung 1.1 - Leiterschleife und Dipolfeld |
Die allgemeine Vorgehensweise besteht darin, den auftretenden Term im Integral in eine unendliche Reihe umzuwandeln. |
Vereinfacht: |
B = a1·x + a2·x2 + a3·x3 + a4·x4 + ... |
Dann geht man hin und schneidet diese Reihe nach dem ersten Glied einfach ab. Integriert man nun das Übriggebliebene, so entsteht die Gleichung für das Dipolfeld: |
In der Gleichung steht B für die
magnetische Flussdichte, φ (Phi) für die
geographische Breite, m für das magnetische
Moment, r für den Erdradius und μ (mü)
für die magnetische Permeabilität. m, r, μ sind Konstanten die wie folgt definiert werden: Das
magnetische Moment ist in diesem Fall das magnetische
Moment der Erde mit m = 6,6845 · 1022
Am2 Für den
Erdradius nimmt man den Wert aus einem geodätischen
System, in diesem Fall das WGS84, Die magnetische Permeabilität μ = 10-7 Vs/Am (Zur Ableitung des Dipolfeldes siehe z.B. auch "Berkeley Physik Kurs 2" von Edward Purcell, Seite 266-269) |
Es wird
zwischen den magnetischen Polen und den geomagnetischen
Polen unterschieden. Die magnetischen Pole sind die Orte
an denen das Magnetfeld senkrecht auf der Erdoberfläche
steht. Die geomagnetischen Pole sind die Pole des
Dipolfeldes. An den geomagnetischen Polen schneiden sich
die Achse des angenäherten Dipolfeldes und die
Erdoberfläche. Zuerst soll hier die Dipolachse, also die geomagnetischen Pole, betrachtet werden. In älteren Physikbüchern findet man häufig folgende Werte für die Dipolachse (Stand 1980): |
Name | Breite | Länge |
Dipolachse - Nord | +78,8 Grad Nord | -70,9 Grad West |
Dipolachse - Süd | -78,8 Grad Süd | +109,1 Grad Ost |
Für die Dipolachse erhält man, in der populärwissenschaftlichen Literatur, auch die Koordinaten 79 Grad Nord in Breite und 70 Grad West in Länge. |
Im Buch wird noch das Dipolmodell, dass auf dem IGRF 1995 beruht, behandelt. |
Die Dipolachse ist also, im Vergleich zur physikalischen Rotationsachse, etwa um 11 Grad gekippt. Dieser Winkel muss in der obigen Gleichung noch berücksichtigt werden. Setzt man die Werte für die Konstanten ein, so ergibt sich folgende Endgleichung für die magnetische Flussdichte, die praktisch nur noch von der geographischen Breite abhängig ist: |
μT (mükroTesla) |
Bemerkung: 1 μT = 1000 γ (1 mükroTesla = 1000 Gamma) |
Die hier
dargestellte mathematische Vorgehensweise zur Erreichung
der Dipolgleichung kann, aufgrund der abgeschnittenen
Restglieder, lediglich als eine erste Näherung
betrachtet werden. Zumal im Buch noch zu sehen ist, dass
das Dipolmodell im Laufe der Zeit, in seiner räumlichen
Position, nicht konstant ist und ständig angepasst
werden muss. Fängt man an, die restlichen Glieder der unendlichen Reihe (aus der Leiterschleifenbetrachtung) zu integrieren, so erhält man das Quadrupolfeld, das Oktupolfeld usw. |
Abbildung 1.2 - Die Multipolentwicklung des Magnetfeldes |
Durch die
Umwandlung des Terms in eine Reihe ist der ganze Vorgang
ein approximativer, die Lösung also nur eine Näherung.
Darüber hinaus ist stets zu bedenken, dass die
geschilderte Vorgehensweise eine rein mathematische ist. Die
Frage nach physikalischer Relevanz des Multipolmodells
bleibt dabei offen! Nimmt man tatsächliche Werte (Totalintensität) des Feldes, so lässt sich an den magnetischen Polen anschaulich zeigen, dass das Dipolmodell nicht genügt, um das Erdmagnetfeld hinreichend zu erklären. |
Der Feldvektor B des Erdmagnetfeldes wird in der Regel durch drei voneinander unabhängige Zahlengrößen beschrieben, die als Elemente des magnetischen Erdfeldes bezeichnet werden. Es existieren zwei verschiedene Systeme der Darstellung. Der Einfachheit halber wird hier nur das System aus Abbildung 1.3 gezeigt und erläutert. |
Abbildung 1.3 - Feldelemente des Erdmagnetfeldes |
Der
horizontale Winkel zwischen der Richtung vom magnetischen
zum geographischen Nordpol wird als Deklination D oder auch als Missweisung
bezeichnet. Die horizontale Richtung zu den magnetischen
Polen lässt sich unmittelbar mit einem Kompass
bestimmen. Für die vertikale Abweichung des Magnetfeldvektors von der Parallelorientierung zur Erdoberfläche wird der Begriff Inklination I verwendet. Wenn man den Kompass so verdreht, dass seine Achse horizontal liegt, haben wir ein Inklinatorium vor uns - es misst den Winkel zwischen der Erdoberfläche und dem Magnetfeld. Das es diesen Winkel gibt und das er vom Messort abhängt ist seit über 400 Jahren bekannt. Der Fakt, dass am Pol das Magnetfeld senkrecht auf der Erdoberfläche steht, am Äquator aber parallel zu ihr, hat ja mit zum Dipolmodell geführt. Die vertikale Komponente des Magnetfeldvektors wird Vertikalintensität Z genannt. (siehe auch "Grundlagen der Geophysik" von Hans Berckhemer, S.138) |
Nimmt man das International Geomagnetic Reference Field (kurz IGRF) von 1980 für die Deklination so ergibt sich die folgende Abbildung 1.4. (zum IGRF siehe auch Kapitel 2.2) |
Durch Auswertung der Deklination, also der
waagerechten Fehlweisung des Erdfeldes, lassen sich zwei
Bereiche gewinnen. Nämlich der süd- und der
nordmagnetische Pol, d. h. die Orte an denen das
Magnetfeld quasi nur senkrecht auf der Erdoberfläche
steht und daher hier keine waagerechte Fehlweisung
vorhanden ist. Diese beiden Bereiche definieren die
magnetischen Pole. Alternativ zur Deklination lässt sich natürlich auch die Inklination zur Polbestimmung heranziehen. |
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Abbildung 1.4 - Die Deklination des Erdmagnetfeldes - IGRF 1980 |
Die Koordinaten der eigentlichen Pole lassen sich bestimmen, indem man die Ränder der Polgebiete aus Abb. 1.4 ermittelt und daraus die Mittelwerte bildet: |
Name | Breite | Länge |
Südmagnetischer Pol | +75 Grad Nord | -103,5 Grad West |
Nordmagnetischer Pol | -65,5 Grad Süd | +141 Grad Ost |
In Physikbüchern oder in der populärwissenschaftlichen Literatur findet man aber auch die folgenden Koordinaten: |
Name | Breite | Länge |
Südmagnetischer Pol | +75 Grad Nord | -101 Grad West |
Nordmagnetischer Pol | -67 Grad Süd | +143 Grad Ost |
Fasst man beide Ergebnisse zusammen, ergeben sich die Bereiche, in denen die magnetischen Pole heutzutage liegen: |
Name | Breite | Länge |
Südmagnetischer Pol | 75 Grad Nord | 101-103,5 Grad West |
Nordmagnetischer Pol | 65,5-67 Grad Süd | 141-143 Grad Ost |
Im Buch werden noch die geltenden Polbereiche für 2005 behandelt. |
Vergleicht man die gefundenen Bereiche, aus
Kapitel 1.4 mit den Koordinaten der Dipolachse aus
Kapitel 1.2, erkennt man: 1) Die Polbereiche liegen sich nicht gegenüber, wie man es nach der Dipoltheorie erwarten würde. 2) Die vorhandenen Polbereiche liegen noch nicht einmal in der Nähe der Dipolachse. |
Daraus lassen sich zwei mögliche Schlüsse
ziehen: 1) das hier weitere Einflüsse vorliegen müssen, die das Dipolfeld stören bzw. verzerren. Das Dipolmodell stellt somit nur eine Teilansicht des gesamten erdmagnetischen Feldes dar. Die starke räumliche Änderung der Dipolachse im Laufe der Zeit spricht ebenfalls dafür. 2) das Dipolmodell passt hier nicht und man nach einem neuen Ansatz Ausschau halten müsste. Das Dipolmodell langt auch nicht um das, im nächsten Kapitel behandelte, magnetische Gesamtfeld der Erde mit seinen vier Extremas zu beschreiben oder zu erklären. Das Fazit ist: |
Das Dipolmodell allein reicht
nicht aus, um das tatsächliche Erdfeld erklären zu können . |
Und
bei der Multipolentwicklung des Erdfeldes bleibt die
Frage nach physikalischer Relevanz offen !!! Bemerkung: Schon Gauß und Weber erkannten 1838, durch ihre Versuche mit dem Erdmagnetfeld, dass das Magnetfeld nicht einfach durch das Modell eines Stabmagneten bzw. einer Leiterschleife erklärt werden kann. (siehe dazu auch Kapitel 2.7) |
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